Als echtes Highlight des Luxemburger Sommers bieten die Congés Annulés eine tolle Plattform für neue Talente und Musikfans die Möglichkeit, internationale Independent-KünstlerInnen aus der Festivalszene in einem intimeren Rahmen zu erleben. Die Programmmacher Marc Hauser und Nicolas Przeor sind zu Recht stolz auf das einmonatige Festival.
Musik Marc Hauser & Nicolas Przeor
Die Congés Annulés sind ganz vorn dabei, wenn es darum geht, spannende neue KünstlerInnen nach Luxemburg zu holen. Glaubt ihr, dass das Publikum hier jetzt eher bereit ist, sich Bands anzusehen, die es vielleicht nicht kennt oder die vielleicht noch ein Geheimtipp sind?
Marc: Das würde ich so sagen, ja. Wir haben es geschafft, ein neugieriges Publikum zu finden und zu halten. Ich erinnere mich, dass die Leute am Anfang immer gefragt haben: ‚Warum soll ich für ein Konzert von jemandem bezahlen, den ich gar nicht kenne?‛ Diese Reaktion erleben wir nicht mehr. Und das merkt man auch an der Anzahl der Leute, die zu den Konzerten kommen. Außerdem wird die Band, die auf der Bühne steht, von unserem Publikum jetzt wirklich akzeptiert. Es bringt den KünstlerInnen ein bisschen mehr Liebe entgegen. Die Leute drehen zwar noch nicht so durch wie in anderen Städten, aber es wird langsam, und bei den punkigeren Gigs haben wir auch schon Crowd-Surfing erlebt.
Nicolas: Mir ist aufgefallen, dass sich die Leute wirklich auf die Congés Annulés freuen. Sie warten ganz gespannt darauf, dass das Line-up bekannt gegeben wird. Es ist für viele ein Highlight, weil wir Bands buchen, die nirgendwo sonst auftreten. Ich sage immer zu Marc, je abenteuerlicher die Musik, desto besser gefällt sie mir, wenn ich sie live sehe. Am spannendsten ist die Freiheit, die wir hier musikalisch haben.
M.: Ich würde sagen, dass es im Sommer ein echter Treffpunkt ist. Die Leute kommen auf einen Drink vorbei oder um ein Konzert zu besuchen, oder auch mehr.
Ja, ihr sorgt dafür, dass um die Congés Annulés eine ganz bestimmte Atmosphäre entsteht, mit DJs, die vor und nach den Konzerten auf dem Vorplatz auflegen. Das zieht ein buntes Publikum an.
N.: Für uns ist wichtig, dass auch Leute, die nur auf einen Feierabenddrink herkommen, etwas zu hören bekommen und den Eindruck haben, dass es interessant sein könnte, hier ein Konzert zu besuchen.
M.: Und ich stelle fest, dass manchmal gegen Ende eines Konzerts, wenn die Ticketkasse schon geschlossen ist, ein paar Leute vorbeikommen, weil sie neugierig sind. Das ist gut und zieht vielleicht ein neues Publikum an.
N.: Durch unsere Lage in der Nähe des Bahnhofs herrscht hier viel Bewegung, und es gibt einige Leute, die zum ersten Mal hier sind und feststellen, dass wir Konzerte veranstalten.
Während der Pandemie musstet ihr die Konzerte auf den Vorplatz verlegen, und das habt ihr auch im letzten Jahr getan. Wird es diesen Sommer auch Konzerte im Freien geben?
M.: Ja, wir werden eine Mischung aus Auftritten draußen und drinnen im Klub haben. Aber das hängt immer von der Art der Musik ab. Wenn sie zu laut oder extrem ist, ist es besser, wenn das Konzert drinnen stattfindet, um die Nachbarschaft nicht zu stören.
Bei den Congés Annulés treten immer auch lokale KünstlerInnen auf. Gehört es auch zu euren Aufgaben, die luxemburgische Musikszene zu fördern?
M.: Ja, wir fördern sie, lassen sie als Support-Act auftreten oder veranstalten auch manchmal ein spezielles Konzert mit zwei luxemburgischen Headlinern. Das ist wichtig, ganz klar.
N.: Es ist auch eine gute Möglichkeit für einige Leute, Underground-Bands aus dem Ausland kennen zu lernen. Wenn ihre FreundInnen als Support spielen, entdecken sie vielleicht auch neue Musik. Ich denke, es ist immer gut, eine Mischung aus lokalen Bands und internationalen KünstlerInnen zu haben, denn das schafft mehr Verbindung zwischen den Szenen.
Und wie findet ihr die internationalen KünstlerInnen? Seid ihr bei vielen Festivals dabei?
M.: Wir gehen offiziell zu drei Festivals. Wir beginnen im Januar mit dem Eurosonic in Groningen in den Niederlanden, und im Mai gehen wir zum Great Escape in Brighton. Und dann ist da noch das Reeperbahn-Festival in Hamburg im September.
N.: Das Great Escape ist gewaltig. Die Liste der Bands, die dort spielen, ist unglaublich. Aber wir hören auch ständig neue Musik und reden den ganzen Tag über Musik.
Das Line-up ist immer sehr vielseitig, und euch gelingt es stets, ein paar KünstlerInnen zu finden, die für Furore sorgen. Wie schafft ihr es, dieses Gleichgewicht zu halten?
M.: Wir haben so viele Konzerte hintereinander, dass man unterschiedliche musikalische Richtungen präsentieren muss, sonst kommen nicht immer genug Leute.
N.: Wir haben immer zwei oder drei Bands, die etwas rauer und kraftvoller oder richtig energiegeladen sind. Ich denke, es hängt auch davon ab, welche Szene gerade dran ist. Im Moment gibt es eine ganze Menge punkigerer Sachen, die meiner Meinung nach gut zum Veranstaltungsort passen. Da einige Sachen draußen stattfinden, haben wir aber auch KünstlerInnen, die fröhlicher oder heiterer sind; Musik, die allen gefällt.
Auf was kann sich das Publikum denn dieses Jahr freuen?
M.: Wir haben A Place To Bury Strangers, eine neue Band namens Ekkstacy, einen jungen Pianisten namens Hanakiv, der beim selben Label ist wie Hania Rani…
N.: … eine psychedelische Band aus Schweden namens Death And Vanilla. Und wir haben viele Optionen. Booking ist immer wie ein Marathon, aber Marc hat einen anderen Vergleich.
M.: Ich sage immer, es ist wie Angeln. Man wirft die Angelschnur für Verhandlungen aus, und einige entwischen. Man muss Geduld haben.
Neben der Musik gibt es auch noch andere Veranstaltungen, zum Beispiel Filmvorführungen…
M.: Ja, wir zeigen einen Dokumentarfilm über Courtney Barnett. Außerdem findet im Gebäude der Rotonde 1 eine große Ausstellung statt. Der Vorplatz ist die Verbindung zwischen den Gebäuden.
N.: Und dann ist da noch die Schallplattenbörse, allerdings nicht für professionelle HändlerInnen. Es ist eher eine Tauschbörse, eine Art Flohmarkt.
Könnt ihr euch als Profis eigentlich noch richtig entspannen und die Konzerte der Congés Annulés auch selbst genießen?
M.: Das ist mal so, mal so. Manchmal bin ich richtig in der Musik drin und denke, , der Drummer ist aber scheiße!‘ (lacht) Aber nach sieben Jahren versuche ich mittlerweile, mich zu entspannen, das Konzert einfach zu genießen und nicht alles zu analysieren.
N.: Auch wenn ich hier bin, um etwas zu organisieren oder zu beaufsichtigen, nimmt mich das Konzert manchmal einfach gefangen.