Ausgewählt für das Multiplica-Stipendium und die grenzüberschreitende Residenz, die von den Rotondes in Zusammenarbeit mit der Stadt Metz und BLIIIDA im Rahmen des GRACE-Projekts von INTERREG IV Großregion organisiert wird, ist _First A/V ein Konzept und ein Instrument zur künstlerischen Vermittlung und zur Sensibilisierung junger Menschen für digitale Kunst. Vor allem aber ist es ein kreatives Tool, das sich Zohra Mrad und Damiano Picci gewünscht hätten, viel früher in ihrer Laufbahn zur Verfügung zu haben.
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Zohra Mrad und Damiano Picci „Unser Ziel ist es, Menschen einen Einstieg in die Gestaltung einer digitalen Performance zu ermöglichen.“
Kofinanziert von der Europäischen Union im Rahmen des Projekts GRACE — Interreg VI Großregion
Zohra, Damiano, wie hat eure Zusammenarbeit an _First A/V begonnen? Ihr hattet anscheinend schon vor der ersten Residenzwoche eine sehr klare Vorstellung davon, was ihr machen wolltet.
Zohra: Als ich endgültig nach Luxemburg zurückkam, hat Damiano mein Portfolio gesehen, und wir haben festgestellt, dass wir viele gemeinsame Ideen und Wünsche haben. _First A/V ist ein Projekt, das uns im Vergleich zu anderen schon ziemlich lange begleitet – tatsächlich seit über einem Jahr. Ursprünglich haben wir an dieser Idee im Rahmen eines Aufrufs der Fondation Sommer gearbeitet. Wir hatten damals einen extrem produktiven Tag, an dem wir die ersten Tests durchgeführt haben. Danach haben wir die Idee erst einmal für uns behalten, bis sich durch diese Residenz die Gelegenheit ergab, daran weiterzuarbeiten.
Damiano: Wir suchten nach etwas, das helfen könnte, unsere Berufe bekannter zu machen. Was ich an dieser neuen Version von _First A/V besonders spannend finde, ist, dass es nicht nur ein Tool für Schüler, Kinder oder Menschen ohne Vorkenntnisse ist. Es ist ein echtes digitales Instrument – ein kreatives Ausdrucksmittel auch für Künstler:innen.
Man spürt euren Wunsch, anderen den Einstieg zu erleichtern.
Z.: Ich mag den sozialen Aspekt des Designs, bei dem man sich aus pädagogischen Gründen dem Publikum zuwendet. Aber es gibt auch persönlichere Beweggründe.
D.: Meine Freundin hat einen Looper, ein Gerät für Loop-Effekte, den sie nicht sofort benutzen konnte. Für mich sah er total einfach aus, aber für jemanden ohne Vorerfahrung war er schon zu komplex – die Bedienung war nicht intuitiv. Diese Erfahrung hat mich motiviert, ein einfaches Tool zu entwickeln, das wirklich für alle funktioniert.
Z.: Ich arbeite viel mit der Wiederverwertung von realen Bildern, die ich so stark verfremde, dass sie am Ende zu Texturen werden. Vielen Menschen erschließt sich das erst einmal nicht. _First A/V ist eine Möglichkeit, meinen kreativen Ansatz zu erklären, indem ich ihn in einzelne Schritte zerlege. Es ist schade, dass digitale Kunst oft als etwas Hochtechnologisches und Unzugängliches wahrgenommen wird, obwohl sie in vielen Fällen eine der zugänglichsten Ausdrucksformen überhaupt ist. Das Tool, das wir mit _First A/V entwickelt haben, hat zwar einen komplexen Code und ist nicht einfach nachzubauen. Aber unser Ziel ist es, anderen die Möglichkeit zu geben, ihren ersten Schritt in die kreative Arbeit zu machen. (Fotos: Nathan Roux)
Wie ist eure erste Residenzwoche in den Rotondes verlaufen? Wir waren beeindruckt von eurer Mindmap, die schon am ersten Tag auf der Tafel zu sehen war!
D.: Die Residenz hat es uns ermöglicht, uns wieder voll auf das Projekt zu konzentrieren – weit über einen Arbeitstag hinaus. Wenn ich anfange, etwas zu programmieren, dann dauern die letzten 20 % der Arbeit oft genauso lange wie die ersten 80 %. Die größte Herausforderung war, sich die Zeit zu nehmen, um sich wieder richtig in das Projekt zu vertiefen und an den Details zu arbeiten.
Z.: Genau, es ging darum, zu verfeinern und zu optimieren. Als wir damals unseren ersten gemeinsamen Arbeitstag hatten, hatten wir überhaupt nicht das Equipment, das wir eigentlich nutzen wollten. Während der Residenz konnten wir endlich alle unsere Dateien auf einem einzigen Computer zusammenführen, den richtigen Controller verwenden – und so einen ersten funktionierenden Prototyp bauen.
D.: Dadurch konnten wir unsere Ideen wirklich überprüfen.
Z.: Und erste Tests durchführen, um herauszufinden, ob wir die richtige Zielgruppe ansprechen, was funktioniert und was nicht. So konnten wir unsere Annahmen entweder bestätigen oder verwerfen. Kurz gesagt: Das Ziel der ersten Woche war, noch einmal einen Schritt zurückzugehen, alles zusammenzuführen, so viel wie möglich zu verbessern. Und das Tool zu testen, um sinnvolle Entscheidungen für die zweite Woche der Residenz treffen zu können.
Habt ihr schon Ziele für die zweite Woche festgelegt?
Z.: Wir werden weitere Tests durchführen, um herauszufinden, ob unser Prototyp intuitiv ist und sowohl der Code als auch die verwendeten Instrumente gut funktionieren. Das Ziel ist, dass wir uns in der Residenz bei BLIIIDA dann voll und ganz auf das physische Objekt konzentrieren können.
D.: Ich habe ein paar Ideen, von denen Zohra noch nichts weiß! [lacht] Es wird langsam Zeit, über das Design nachzudenken. In den Weihnachtsferien konnte ich schon ein wenig mit meinem 3D-Drucker experimentieren.
Z.: Bei BLIIIDA werden wir eine andere Art der Unterstützung haben als in den Rotondes, weil sie dort Maschinen und Tischler zur Verfügung haben. Dort werden wir richtig an der Gestaltung eines ästhetischen Objekts arbeiten können. In den Rotondes machen wir weiterhin Tests und sammeln vor allem während des Multiplica Lab Feedback vom Publikum sowie quantitative Daten. Ist das Tool wirklich für alle einfach zu bedienen? Ist es vielleicht sogar zu leicht für diejenigen, die bereits Erfahrung mit solchen kreativen Tools haben? Oder ist es für alle eher kompliziert? Ich hoffe, dass wir am Ende genügend Zeit haben, um verschiedene Benutzeroberflächen für unterschiedliche Zielgruppen zu entwickeln.
_First A/V hat eine starke pädagogische Dimension.
Z.: Zum Teil mache ich dieses Projekt, weil ich mir während meines Studiums gewünscht hätte, dass mir jemand ein solches Tool zeigt. Heute arbeite ich nicht in dem Bereich, in dem ich einen Abschluss habe, denn kurz danach habe ich etwas ganz anderes für mich entdeckt. _First A/V ist unsere Art zu zeigen, dass die Verbindung von visueller und klanglicher digitaler Kunst viel zugänglicher ist, als man denkt. Wir wollen dieses kreative Spielfeld mit anderen teilen.