Geschichten anders erzählt Die Totems von Mathilde Bourgon
Mathilde, Ihr Buch Totems ist das erste Buch, das du veröffentlicht hast, aber wenn wir das richtig sehen, handelt es sich dabei eher einen Höhepunkt als um einen Anfang.
Ich habe an der École des Arts Décoratifs in Paris mit dem Schwerpunkt „Druckbild“ studiert und im Rahmen meiner Diplomprüfung 2009 Figuren, die sogenannten „Transpolypius“, gestaltet. Dabei handelte es sich nicht um Pop-ups, sie waren nur gefaltet, aber angesichts ihrer Form und Symmetrie sind es im Grunde Vorläufer meiner Totems.
Meine neun Totems habe ich schließlich für eine Ausstellung geschaffen, wo sie gerahmt gezeigt wurden. Ich wollte ein Künstlerbuch machen und so kam es zu der Version, die bei Gautier Languereau erschienen ist. Ich freue mich, diese Entwicklungsgeschichte in der Ausstellung zeigen zu können!
Die Totems haben etwas „Exotisches“. Haben sie eine besondere Geschichte?
Die Form ist vor ihrer Geschichte entstanden, aber sie sind alle von einem Land inspiriert, das ich besucht habe. Ihre Geschichte beruht auf realen Elementen und Orten, Erlebnissen, Begegnungen. Für jedes Totem habe ich eine kleine Geschichte zu den darin enthaltenen Symbolen geschrieben und zu den Kräften, die damit beschworen werden können.
Betrachtet man die Entstehungsgeschichte der Totems, hast du dabei nicht unbedingt direkt an die LeserInnen gedacht. Wie werden die Pop-up-Bücher aufgenommen?
Das stimmt, als ich anfing, Bücher zu machen, wusste ich nicht, wie die Leser sie wahrnehmen und damit umgehen würden. Aber in zahlreichen Begegnungen konnte ich die unterschiedlichen Reaktionen erleben. Für mich gibt es zwei Arten von Pop-ups. Es gibt Pop-ups wie Totems, die ein beeindruckendes Volumen haben. Dann gibt es noch Pop-ups wie das, mit dem ich in Trois petits Indiens experimentiert habe, die flacher sind, bei dem sich aber mit der Hand auf den Seiten Bewegung erzeugen lässt. Den Kindern gefällt das, sie sind beeindruckt. Sie vergleichen es oft mit einem Videospiel oder einer Animation.
Bisher haben wir nur über deine Papierarbeiten für Bücher gesprochen, also kleine Formate, die ziemlich kodifiziert sind, aber du machst auch große Installationen. Was gefällt dir besser?
Mir gefällt beides gut. Bei der Arbeit an einem Buch für einen Verlag gibt es vielleicht zu viele Einschränkungen (das Budget, die Anzahl der Seiten etc.), andererseits kann man auch schnell die Orientierung verlieren, wenn man eine Installation nur aus Papierschnitten für einen großen Raum macht.
Die Einschränkung liefert einen Rahmen, und oft komme ich dadurch auf etwas völlig Unerwartetes. Letztlich sind meine Totems entstanden, als ich hinsichtlich der Pop-up-Methode noch nicht ganz frei war. Ich war mitten im Lernprozess, meine Möglichkeiten war noch begrenzt, aber ohne diese Einschränkung wären meine Totems ganz anders geworden.
Insgesamt hat man beim Betrachten deiner Arbeit das Gefühl, es mit einem ziemlich großen Universum zu tun zu haben.
Das liegt sicherlich daran, dass sich mit Papier unendlich viele Dinge machen lassen! Papier als Material bietet den Vorteil, dass es sehr leicht zu finden ist und sich bearbeiten lässt, ohne dass man dazu eine spezielle Maschine braucht. Mit nur einer Falte in einem herumliegenden Stück Zeitung kann man bereits eine Skulptur schaffen. Das ist Magie!
Es gibt noch so viele Möglichkeiten, die ich gerne erkunden würde. Ich habe bereits Kontakte zu den darstellenden Künsten, weil ich Pop-ups für ein Zirkusensemble mache, aber ich würde gerne eine kleine Aufführung für Kinder mit Scherenschnitten machen. Ich würde auch gerne Papierschnitte für einen Animationsfilm machen. Und große Schaufenster gestalten. Das ist mein Plan: weiter forschen!