Sie kennen die Rotondes bereits sehr gut, denn das ist nicht Ihre erste Sanierungsphase an diesem Standort. Welche Arbeiten haben Sie bisher betreut?
Lisi: Als 2007 die Entscheidung fiel, die Rotondes zum Headquarter des Kulturjahrs zu machen, stellten wir unsere ersten Überlegungen über mögliche architektonische und landschaftliche Eingriffe an und dachten darüber nach, welchen Sinn wir man dem Ort verleihen wollten. Man muss bedenken, dass alle diese Eingriffe den Charakter eines beabsichtigten Provisoriums haben sollten. Das Kulturjahr war ja von begrenzter Dauer. Das Projekt war vom Pop-up-Modell inspiriert. Daher ging es darum, mit Modulen zu arbeiten, die wiederverwendet oder auf andere Weise eingesetzt werden konnten. Bei jeder Entscheidung, die wir trafen, machten wir uns schon Gedanken über das Danach. Wir versuchten eine Vision zu entwickeln, die über den bloßen Zeitraum des Projektes hinaus Bestand haben würde.
Auch wenn es nur vorübergehend war, haben wir den Ort wirklich verwandelt und etwas in Bewegung gebracht. Die Öffentlichkeit war damals schon hin und weg! Durch sein Programm und seine Architektur ist es ein Ort geworden, der sich verändert und ständig neue Nutzungsmöglichkeiten und Funktionen bietet. Rolfs und meine Arbeit bestand von Anfang an darin, Formen der Umgestaltung zu finden, die in Einklang mit der Einzigartigkeit des Ortes standen.
Weil wir gerade von Einzigartigkeit sprechen: Man sollte sich klar machen, dass dieses »Yin und Yang« damals schon zu spüren war zwischen der renovierten Rotonde 1 und der Rotonde 2, die noch von der Staatlichen Eisenbahngesellschaft Luxemburg (CFL) genutzt wurde.
Wir haben gespürt, dass wir mit dieser Komplementarität arbeiten mussten, sie berücksichtigen und nutzen sollten. So entstand die Idee unserer »Blaues Glashaus«, der »Serre Bleue«, einer Konstruktion aus Holzrahmen, die 2007 ein Restaurant umfasste und seit 2015 die Plattform beherbergt. Die Serre Bleue war eine offene Struktur: Sie gab den Blick auf den Rest der Rotonde frei und ermöglichte es dem Publikum, das zum Kaffeetrinken oder Essen kam, einen Einblick in das Angebot an Konzerten, Ausstellungen usw. zu bekommen.
Es war ein Mittel, um die Verbindung zwischen dem Programm und dem Publikum herzustellen, das schon damals sehr neugierig war! Wir arbeiteten viel mit Holz und spielten mit den Wörtern »serre« und »cerf«, um die Naturverbundenheit zu betonen. Wir wollten zeigen, dass Luxemburg und seine Großregion (unter anderem die Ardennen und Lothringen) letztlich nicht so urban sind, sondern ihren ländlichen und waldreichen Charakter bewahren.
Rolf: Zwischen 2008 und 2013 haben wir vor allem die Analyse der Phase 1 (Minimalprojekt nach 2007) fortgesetzt und einige kleinere Maßnahmen umgesetzt. Zuerst haben wir das »Blaue Glashaus« und einige temporäre Einrichtungen in der Rotonde 1 zurückgebaut, damit das Nationalinstitut für Baudenkmäler (das vormalige Amt für nationale Stätten und Denkmäler) das Parkett verlegen konnte.
Die Verwaltung für öffentliche Bauten hat dann 2010 die vollständige Dekontamination des Geländes veranlasst. Der Bodenbelag von Rotonde 2 wurde entfernt, ebenso die Abflussgräben, die vom Treibstoff der Busse im Inneren verschmutzt waren. Im Zuge der Dekontamination musste leider auch das Café Exit (AdR: Club und Bistro im Rahmen des Kulturjahres 2007) abgerissen werden.
Von 2013 bis 2015 haben wir den Technikraum und das Foyer der derzeitigen Bar, der Buvette, entworfen, das Foyer ist mit der Rotonde 2 verbunden. Der Technikraum wurde entlang der Straßenanbindung des Grundstücks gebaut, mit Blick auf eine langfristige Nutzung von technischen Anschlüssen für das gesamte Gelände.
Wir haben in der Rotonde 1 ebenfalls Sanitäranlagen eingeplant, im früheren Bereich des »Blauen Glashauses« eine Bar eingebaut und dort Künstlergarderoben ergänzt. Mit professionellen Bühnenbildern von »Charcoalblue« aus London haben wir eine ausklappbare kreisförmige Tribüne und eine große Licht- und Tonanlage in der Mitte installiert.
Auf dem Vorplatz haben wir eine massive Holzkonstruktion geschaffen, die die Black Box beherbergt. Die Black Box muss man sich als einen intimen Veranstaltungssaal mit einer tollen Raumakustik und Platz für etwa 120 Besucher:innen vorstellen. Gleich daneben haben wir die Container City installiert, aus den Schulcontainern der alten Europa-Schule Kirchberg: Sie beherbergt Radio Ara und Räume für Werkstätten.
Zum damaligen Zeitpunkt wussten wir schon, dass die Black Box andere Verwendung auf dem Gelände finden würde. Mit ihrer massiven Holzbauweise und ihre Raumhöhe konnte sie für Veranstaltungen genutzt werden. Sie würde dem Projekt bis zum Ende der Sanierung der Rotondes dienen.
Lisi: Schauen wir nochmal ein wenig weiter zurück: Nach dem Kulturjahr musste das Team der Rotondes vorübergehend in das Carré Rotondes im Stadtviertel Hollerich umziehen, damit es mit den Arbeiten auf dem Gelände weitergehen konnte. Der Einfachheit halber haben wir uns entschieden, einen Großteil der Ausstattung wie die Bar und das Mobiliar des Cafés Exit mitzunehmen.
2015 konnten das Team des Kulturzentrums und die Planer:innen auf das Gelände der Rotondes zurückkehren. Vor dem Umzug hatten wir den Klub in die Rotonde 2 integriert. Dieses Mal war es ein permanentes Modul aus Holz, das später mit der Renovierung von Rotonde 2 fertiggestellt werden sollte. Also haben wir vorausgeplant, was wir als nächstes umsetzen könnten. Zur selben Zeit gab es mit dem Bau der Galerie auch Veränderungen bei der Rotonde 1.
So, ich denke, wir haben ungefähr umrissen, was passiert ist. Und es ist noch nicht zu Ende! (beide lachen)